Prozessschutz in Bayern im Vergleich

Bayern als waldreichstes Bundesland hat eine der größten Verantwortung bei der Umsetzung der Nationalen Biodiversitätsstrategie bis 2020. Zwar hat Bayern flächenmäßig im Vergleich zu den anderen Bundesländern mehr Wald-Nationalparks (Wald-Kernzone der beiden Nationalparks zusammen: 21.810ha). Aber mit 2.558.000 ha Bayerische Waldfläche sind, wenn die Nationalpark Kernzonen und die auch streng geschützten bayerischen Naturwaldreservate hinzugezählt werden, nur ca 1,2 % der Waldfläche streng geschützt. Um das Ziel der 5 % Waldschutz aus der Nationalen Biodiversitätsstrategie umzusetzen, würden für Bayern alleine über 93.000 ha zusätzlich benötigt.

In Bayern gibt es derzeit 2 Nationalparks

  • Nationalpark Bayerischer Wald (gegründet 1970) mit einer Fläche von 24.217 ha. Bis 2027 (da 1997 erweitert) müssen 75 % der Gesamtfläche als Naturzone ausgewiesen sein. Seit November 2016 sind bereits 67,3 % Naturzone erreicht. Infos dazu insbesondere der Zonierung: http://www.greenpeace-muenchen.de/index.php/gruppen/wald-papier/waldschutzgebiete/bayerischer-wald.html
  • Nationalpark Berchtesgaden (gegründet 1978) mit 20.804 ha Fläche. Davon sind 13.855 ha Naturzone, allerdings nur mit einem Waldanteil von 6.142 ha.

Der Bayerische Freistaat ist hier aufgefordert auch sein Möglichstes zu tun, um seiner nationalen und internationalen Verantwortung gerecht zu werden.

Bis zur Erfüllung der Ziele aus der Nationalen Biodiversitätstrategie fordern Greenpeace und andere Umweltverbände einen Einschlagsstopp in Laubwäldern die alter als 140 Jahre sind und sich im öffentlichen Eigentum befinden.

Greenpeace zeigt in dem Gutachten Rotbuchenwälder Handlungsräume auf in denen vordringlich Flächen notwendig sind.


Naturwaldreservate

NaturwaldReservate_k
Zum Vergrößern hier klicken

Derzeit gibt es in Bayern 154 Naturwaldreservate mit einer Fläche von 7.141 ha, in welchen keine forstliche Nutzung mehr stattfindet (wie sonst nur in den Nationalparks "Bayerischer Wald und Berchtesgaden"). Die durchschnittliche Größe der Naturwaldreservate beträgt nur 42 ha.

Die Schutzkategorien Landschaftsschutzgebiete, FFH, Biosphärenreservate, Naturparke, Bannwald und Naturschutzgebiet bedeuten nicht, dass diese Wälder aus der Nutzung genommen worden sind. Ordnungsgemäße Forstwirtschaft ist in diesen Gebieten in den allermeisten Fällen ohne Einschränkung möglich. Deshalb sind nur die Nationalparks und die sehr kleinräumigen Naturwaldreservate für einen wirklichen Waldschutz relevant.

Die Naturwaldreservate machen in Bayern nur 0,28 % der Bayerischen Waldfläche aus. Die Nationalpark-Kernzonen nur 0,75 %(ohne Überlappung mit  NWR-Reiteralpe und nur mit Wald bestockte Naturzone). Zusammen mit der neuen Kernzone des Biosphärenreservats Rhön (Bay-Teil) mit 3.485 ha und dem geschützten Landschaftsbestandteil im Steigerwald mit 393 ha Prozessschutzzone sind in Bayern nur 1,2 % der Waldfläche wirklich geschützt. 

 

Vergleich der Schutzgebietsarten in Bayern

in Bayern gibt es viele Schutzgebiete, die wenigsten sind ohne forstliche Nutzung. Vor allem die Kernflächen der Nationalparke mit 0,42 % der Landesfläche, die Kernzonen der Biosphärenreservate 0,25 % und Naturwaldreservate 0,1 % der Landesfläche bilden die Naturwälder Bayerns. Flora-Fauna-Habitat-Gebiete (FFH), Landschaftsschutzgebiete und Naturparke schließen die forstliche Nutzung nicht aus. Auch die Naturschutzgebiete sind zumeist offen für forstliche Nutzung.

 

 

Nur die Kernzonen der Nationalparks (Waldanteil) und der Biosphärenreservate sowie die Naturwaldreservate - mit teilweisen Überlappungen können als echte Naturwaldflächen gezählt werden.


 

Naturschutzkonzept der Bayerischen Staatforsten

Die Bayerischen Staatforsten bewirtschaften als Anstalt des öffentlichen Rechts 754.546 ha Wald der im Besitz des Freistaates Bayern ist. Dieser Wald ist nachdem eigenen Naturschutzkonzept der BaySF klassifiziert. 

Klassifizierung der Wälder nach BaySF:

 Klasse 1

  • Auswahl: Buchenbestände > 180 Jahre, Eichenbestände > 300 Jahre
  • Maßnahmen: Hiebsruhe von Flächen < 1 ha, Ausnahme besonders wertholzhaltige Stämme (wenn nicht gleichzeitig ökologisch besonders wertvoll (z.B. Spechthöhle))
  • Langfristige Sicherung: Nur durch Forstbetriebseinrichtung ausgewiesen. Keine öffentliche Bekanntgabe der Flächen. Keine Ausweisung als NSG/NWR. Aber NWR/NSG werden in Klasse 1 Wälder ggf. mitgezählt
  • Im Forstbetrieb Rothenbuch (Spessart) wurden im Jan2012 auch Einschläge "Wertholznutzung" in Buchenbeständen > 180 Jahren durchgeführt. Da diese nicht langfristig aus der Nutzung genommen werden

 Klasse 2

  • Auswahl: Laubholzbestände > 140 Jahre
  • Ziel: Totholzziel von 40 Vfm/ha wird angestrebt; sowie im Durchschnitt 10 Biotopbäume/ha innerhalb 20 – 30 Jahren

 Klasse 3

  • Auswahl: Naturnah bestockte Bestände < 140 Jahre
  • Ziel: Totholzziel von 20 Vfm/ha wird angestrebt für Bestände > 100 Jahren, sowie im Durchschnitt 10 Biotopbäume/ha innerhalb 20 – 30 Jahren

 Klasse 4

  • Auswahl: Naturferne Bestände
  • kein messbares Totholzziel

 Im Vergleich des Forstamtes Rothenbuch (Spessart) mit dem Forstamt Ebrach (Steigerwald) bzw. mit dem Gesamtwald der BaySF wird augenscheinlich:

  • Der Forstbetrieb Rothenbuch (Spessart)hat bayernweit überdurchschnittlich sehr alte (>180 Jahre) und alte (> 140 Jahre) Wälder sowie naturnahe Laubwälder
  • Der Forstbetrieb Ebrach (Steigerwald) hat überdurchschnittlich naturnahe Laubwälder und höheren Anteil Wälder > 140 Jahre gegenüber der BaySF-Waldfläche
  • Der Forstbetrieb Rothenbuch (nur 2 % der bayerischen Staatswaldfläche) beherbergt aber 14 % der sehr alten Wälder und 11 % der alten Wälder (> 140 Jahre) der BaySF-Waldfläche

 

Spessart Klassifierung

 

Bis zur Erfüllung der Ziele aus der Nationalen Biodiversitätstrategie fordern Greenpeace und andere Umweltverbände einen Einschlagsstopp in Laubwäldern die älter als 140 Jahre sind und sich im öffentlichen Eigentum befinden. Davon am stärksten betroffen sind die Gebiete Spessart und Steigerwald

Im Forstbetrieb Ebrach wird zudem ein modernes Trittsteinkonzept umgesetzt, um ökologisch wertvolle Arten zu erhalten. Das sind zumeist kleine/kleinste Bereiche (0,3 ha als Untergrenze) wie Baumgruppen und Waldränder die alt werden dürfen und dadurch wichtige Strukturelemente sind um seltene Käferarten einen Lebensraum anzubieten.

Umstritten an dem Naturschutzkonzept/Trittsteinkonzept ist:

  • Trittsteine und Klasse 1 Wälder sind im Rahmen einer naturnahen Forstwirtschaft sinnvolle Strukturelemente. Sie reichen bei weitem nicht aus die internationalen und nationalen Waldschutzanforderungen umzusetzen. Hier müssen 10 % der öffentlichen Waldfläche aus der forstlichen Nutzung genommen werden. Mit alleine "Klasse 1-Wäldern" ist das nicht zu machen.
  • Die "Klasse 1 Wälder" / Trittsteine sind rechtlich nicht geschützt z.B. Naturschutzgebiet, Nationalpark oder Naturwaldreservat und können somit beliebig von den Bayerischen Staatsforsten umgedeutet werden. So wurde im Forstbetrieb Rothenbuch von Greenpeace nachgewiesen das Wälder die vor der Einrichtung der Klassifizierung noch jünger als 180 Jahren waren nicht mehr in die Klasse 1 Wälder reinwachsen können, sondern Einschläge in diesen Wäldern gelaufen sind obwohl sie mittlerweile älter als 180 Jahren sind. Somit ist das ein statisches Konzept. Damit sind Trittsteine nicht dauerhaft gesichert.
  • Die Flächen sind meist sehr kleinräumig <10 ha und auch flächig nicht abgegrenzt. Im Internet sind nur die Koordinaten des Mittelpunktes aufgeführt und somit kann es nicht transparent kontrolliert werden.
  • Große dynamische Prozesse (Sturm, Hochwasser, natürliches Altern) können in kleinen Flächen nicht abgebildet werden. Sowohl Naturwaldreservate als auch Trittsteine können immer nur einen kleinräumigen und zufälligen Ausschnitt der Lebensraum- und Stadien-Vielfalt umfassen.
  • Weder für den lokalen Wald noch für die Wertschöpfung in der Region hat ein Trittsteinkonzept die Wirkungen eines Nationalparks.
  • Um die Biodiversitätsanforderungen von über 90.000 ha zu erfüllen können kleine Schutzgebiete wie Naturwaldreservate mit im Durchschnitt von 50 ha Größe eine gute Ergänzung zur Vernetzung, aber können keinen flächig ausreichenden Beitrag liefern. Nur mit Grußschutzgebieten von mehr als 1.000 ha können die Ziele auch erreicht werden. Eine Untergrenze von 1.000 ha für Wildnisgebiete wird auch gestützt durch die Minimumareale für Populationen von Waldarten die für viele Arten im Bereich von > 1.000 ha liegen.

Quelle: